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Ute Pelzer-Gabriel | Kommunikationstraining 6: Sich wirksam durchsetzen und dabei verbindlich bleiben

Sprich an, was Dir wichtig ist!

Wie sag ich einer unfreundlichen Kollegin, was mich stört?

Einmal kam eine junge Frau in unser Team. Sie war die Tochter einer Führungskraft und kam mit einem Porsche Cayenne vorgefahren. Sie grüßte nicht und stellte sich nicht vor, sondern erledigte schnell ihre Arbeit und ging dann wieder. Beim zweiten Mal beauftragte sie zwei Kolleginnen, die neben ihr saßen, Anrufe für sie während ihrer Abwesenheit zu übernehmen. Weil die beiden Kolleginnen so fair waren, übernahmen sie die Aufgabe, ärgerten sich aber hinterher darüber. In der Pause redeten die Kolleginnen über „die Neue“. „Sie hat sich ja gar nicht vorgestellt!“ „Und als ich freundlich auf sie zugegangen bin, hat sie nur kurz ihren Namen gemurmelt und sich dann weg gedreht!“ „Aber Aufgaben delegieren und einen auf „wichtig“ machen, das kann sie!“ „Na, der helfe ich bestimmt nicht mehr!“

Eines Tages kam sie in einen Besprechungsraum, den ich für eine Stunde gebucht hatte, um dort in Ruhe zu arbeiten. Sie hatte ihr Handy am Ohr und telefonierte. Als sie mich sah, fragte sie kurz, „Stört es, wenn ich hier kurz telefoniere?“ Ich sagte, “Ja, denn ich habe den Raum für eine Stunde gebucht, um in Ruhe arbeiten zu können.“ (Ich-Botschaft und sachliche Schilderung des eigenen Bedürfnisses)
Da wurde sie auf einmal wütend und schimpfte, keiner hätte Verständnis für sie, sie müsse sich schließlich um ihre Kinder kümmern. Nirgendwo könne sie mit ihnen telefonieren, wenn es wichtig wäre. Man hätte ihr schon gedroht, sich bei der Führungskraft über sie zu beschweren. Ihre Augen funkelten vor Ärger. Ich sagte ihr, wenn sie mich fragt, ob es mich stört, dann müsse sie auch damit rechnen, dass ich tatsächlich antworte, dass es mich stört. Wenn sie möchte, dass ich auf sie Rücksicht nehme, dann solle sie bitte auch auf mich Rücksicht nehmen. Außerdem sei sie bereits telefonierend in den Raum gekommen, ohne mich vorher zu fragen. (Sachliche Schilderung des kritischen Verhaltens und klare Äußerung des eigenen Bedürfnisses)

Sie schaute mich entgeistert an. Dann sagte ich „Wenn es so wichtig und dringend ist und um ihr Kind geht, dann telefonieren sie eben schnell“ und ich ließ sie kurz telefonieren. (Einlenken)
Als sie das Gespräch beendet hatte und gehen wollte sagte ich „Übrigens haben Sie sich bei mir noch nicht vorgestellt. Sie kommen und gehen hier ohne zu grüßen. Hier im Team gehen wir freundlich und respektvoll miteinander um. Wenn sie möchten, dass Ihnen mehr Verständnis entgegengebracht wird, dann rate ich Ihnen, mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu grüßen und vermittelnder aufzutreten.“. (Spiegeln des wahrgenommenen Verhaltens und präzise Äußerung des gewünschten Verhaltens im Sinne der gelebten Teamwerte, Nutzen bei Veränderung des Verhaltens aufzeigen)
Sie schaute mich an und zögerte einen Moment. Dann streckte ich ihr die Hand entgegen, blickte sie lächelnd an und sagte meinen Vornamen. (Vorleben des gewünschten Verhaltens und der Teamwerte)

Sie nahm meine Hand, sagte, „Ich heiße Maike“ und lächelte zurück. Als sie an diesem Tag nach Hause ging, grüßte sie mich zum Abschied. Ein paar Tage später hörte ich, wie sich ein paar Kolleginnen über sie unterhielten. Sie sei freundlicher geworden, würde beim Kommen und beim Gehen grüßen und auch mal ein paar Worte mit einem wechseln. Sie hätte zwei kleine Kinder und müsse sich alleine um sie kümmern und neben der Arbeit für sie erreichbar sein. Dafür habe man ja Verständnis.

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